Saisonrückblick 2021/2022: ASV überwindet viele Hürden bis zur Erstklassigkeit




Handball: „Erste Liga – hammwa geschafft“ – der Slogan auf den Aufstiegsshirts bringt es auf den Punkt: Der ASV Hamm-Westfalen feierte in diesen Tagen zwölf Jahre nach dem ersten Mal den erneuten Aufstieg in die LIQUI MOLY Handball-Bundesliga, immer wieder gerne als „stärkste Liga der Welt“ eingestuft. Und zu dieser zählt nun also auch der ASV, mit zahlreichen jungen Spielern aus der traditionsreichen Handballregion Westfalen, die heiß sind auf das Kräftemessen mit der Handballelite.

Auch wenn man seitens des ASV mit einer Rolle im vorderen Drittel der Tabelle geliebäugelt hatte: Der Glaube daran, dass der Aufstieg dieses Jahr gelingen könnte, war lange eher etwas für ausgeprägte Optimisten. Nicht zu Unrecht betonten die Verantwortlichen vor der Saison immer wieder, wie stark die Zweitligagruppe in der Saison 2021/22 nicht zuletzt angesichts vier coronabedingter Erstligaabsteiger sein werde. „Es kann sein, dass wir eine richtig gute Saison spielen, und dennoch Fünfter oder Sechster werden“, hatte Trainer Michael Lerscht angesichts klangvoller Konkurrenz wie VfL Gummersbach, TuSEM Essen, SG BBM Bietigheim, HSG Nordhorn-Lingen und HSC Coburg im Vorfeld klargestellt.

Die fünf Neuzugänge im Stammaufgebot reibungslos integriert

Es kam anders: Der ASV fand sich schnell in neuer Formation, integrierte die fünf Neuzugänge im Stammaufgebot reibungslos. Vor allem einer sollte dabei schnell von sich Reden machen: Spielgestalter Dani Baijens, der vom Pokalsieger TBV Lemgo Lippe nach Hamm wechselte, machte das Spiel der Westfalen erheblich schneller, spielte stets torgefährlich und hatte immer wieder ein gutes Auge für seine Mitspieler. Er war mehr und mehr Motor im Spiel der Rot-Weißen, bei denen Trainer Michael Lerscht in seinem zweiten Jahr mit der Mannschaft auf das beste Abschneiden des ASV seit dem Meisterjahr 2010 zusteuert. Aber ob es am Ende sogar zum erneuten Aufstieg reichen könnte?

Nach einer guten Hinrunde gab es gleich mehrere schwierige Situationen zu überstehen. Angefangen mit einer komplett gestörten Wintervorbereitung, in der nach und nach fast der gesamte Kader mit zweiter Corona-Infektion in häusliche Quarantäne musste. Training unmöglich, Testspiele abgesagt. Statt eine neue Abwehrformation zu erarbeiten mussten bisherigen Taktikten in der Rückrunde weiter greifen. Mit Dani Baijens und Jan Brosch standen früh die Wechsel zweier Leistungsträger in die 1. Liga – zum HSV Hamburg beziehungsweise TBV Lemgo Lippe – fest. Doch auch hiervon ließen sich Mannschaft, Stab und auch die direkt Betroffenen ebenso wie von teils monatelangen verletzungsbedingten Ausfällen wie bei Sören Südmeier und Markus Fuchs nicht durcheinanderbringen und arbeiteten bemerkenswert konzentriert weiter.

ASV konnte immer weiter aufschließen

„Von Spiel zu Spiel denken, immer auf den nächsten Gegner fokussieren“, wohl noch nie wurden diese Aussagen von Michael Lerscht und den Spielern so oft – fast schon wie ein Mantra – wiederholt. Und wohl nie mit so großer Berechtigung. Denn immer wieder überraschten Aufsteiger oder Mannschaften aus dem Tabellenkeller. Selbst der Topfavorit VfL Gummersbach ließ zumindest auswärts immer wieder Punkte. Dennoch kristallisierte sich der Traditionsverein im Laufe der zweiten Saisonhälfte als erster Aufsteiger heraus. Es blieb die Frage: Wer folgt dem VfL ins Oberhaus?

Lange hatte hier die HSG Nordhorn-Lingen die besten Karten. Allerdings leistete sich die Mannschaft von Trainer Daniel Kubes in der finalen Phase eine Reihe von Niederlagen, so dass der ASV immer weiter aufschließen konnte. Selbst eigene Niederlagen hinderten die Westfalen nicht daran, im Mai auf einmal selbst den zweiten Rang zu übernehmen. „Uns war klar: Wenn wir im Mai noch dran sind, dann ist alles möglich. Genauso ist es gekommen“, war der Glaube an den Aufstieg nicht nur bei Geschäftsführer Thomas Lammers immer größer geworden. Ganz nebenbei strömten auch wieder mehr Fans in die nun ohne Beschränkung zugängliche WESTPRESS arena. Allerdings war es ein Gewöhnungsprozess, den alle absolvieren mussten – ohne Test, ohne Maske, neben fremden Sitznachbarn. Noch im vorletzten Heimspiel gegen Lübeck hätte man sich beim ASV schon mehr als die knapp 1.700 Zuschauer gewünscht.

Im richtigen Moment zugeschlagen

Aber die sportlichen Aussichten sorgten am Ende in jeder Hinsicht für ein furioses Finale: Bereits Tage vor dem letzten Heimspiel vermeldete der ASV endlich eine ausverkaufte Arena: 2.650 Fans wollten das Duell gegen den TV Großwallstadt live erleben. Die Zuschauer waren endlich wieder zurück. Und der ASV legte einen begeisterten Auftritt mit bekanntem Ausgang hin: Durch einen 34:27-Sieg krönten die Handballer ihre gute Saison und feierten schon vor dem letzten Spieltag den Aufstieg in die LIQUI MOLY HBL.  Ein Erfolg, den Geschäftsführer Lammers als wesentlich emotionaler einstufte als die Meisterschaft 2010: „Damals war es von Beginn an das erklärte Ziel. Natürlich haben wir uns auch gefreut, aber es gab auch große Erwartungen. Diesmal war das natürlich anders – die Mannschaft hat sich die Chance im Laufe der Saison erarbeitet und im richtigen Moment zugeschlagen. Ein Wahnsinnserfolg.“ Lammers muss es wissen, er selbst war 2010 als Spieler aktiv beteiligt und erlebte schon damals den Aufstieg vor der „Roten Wand“. Lammers: „Das ist ein unglaubliches Gefühl, wenn unsere Arena ausverkauft ist. Und wenn dann fast alle noch Rot tragen, sind das unvergessliche Bilder. Das setzt Kräfte frei.“ Kräfte, die man im Handball-Oberhaus wieder brauchen wird. Aber der wenige Tage nach dem Aufstieg gestartete Vorverkauf lässt hoffen: Das Interesse an den Karten in der Arena ist riesengroß. Wenn das keine guten Aussichten für die Saison 2022/23 sind.

Bildzeile: Spielgestalter Dani Baijens, der vom Pokalsieger TBV Lemgo Lippe nach Hamm wechselte, machte das Spiel der Westfalen erheblich schneller / Foto Wegener/ASV.