Trotz Heimsiegs ist der ASV Verlierer des Spieltags – Abstieg




Handball, 2. Bundesliga: Trotz eines starken 27:25-Heimsiegs gegen sich bis zum Schluss wehrende Essener war der ASV Hamm-Westfalen der Verlierer des abschließenden 34. Spieltages in der 2. Handball-Bundesliga. Im direkten Fernduell mit vier anderen abstiegsbedrohten Teams reichte es für die Westfalen nicht mehr zur Verbesserung des Tabellenplatzes. Gemeinsam mit der HSG Konstanz steigt der ASV nach 20 Jahren in der 1. und 2. Bundesliga in die 3. Liga ab.

Dabei war die Dramaturgie des Abends nahezu perfekt für ein Happy End nach einer Saison mit nie dagewesenen Personalsorgen, die die Westfalen von der Aufstiegsregion bis in den Keller der Liga spülte. Die Westpress-Arena war bereits tags zuvor restlos ausverkauft, die „Rote Wand“ machte ihrem Namen alle Ehre. Schon beim Einlaufen begrüßten die Anhänger des ASV ihr Team mit einer Choreografie in Rot und Weiß. Und auch der Start der Mannschaft von Interimstrainer Jörn-Uwe Lommel war wie erhofft: Die Hausherren legten schnell auf 4:1 vor, die Abwehrtaktik insbesondere gegen die Rechtshänder im rechten Rückraum des Gegners zu agieren zeigte sofort Wirkung. Nach elfeinhalb Minuten traf Kreisläufer Jonas Stüber zum 6:2, die Arena kochte das erste Mal an diesem Abend nahezu über. Der erste vorsichtige Blick auf die Liga-App zeigte: In den anderen Hallen leichte Führungen für die ebenfalls abstiegsbedrohten Außenseiter in den Spielen – aber noch viel Zeit, nichts passiert, dürfte sich der ein oder andere gesagt haben.

„Geschenkt wird uns nichts“

Und das galt auch für die Gäste, die sich nach einer Auszeit besser auf die Westfalen einstellten. Vor allem über die Mitte ging über Max Neuhaus und Oskar Kostuj nun viel, durch einen 5:0-Lauf teils in Überzahl drehte TuSEM die Partie und lag auf einmal mit 7:6 vorne. Spätestens jetzt erinnerten sich die ASV-Fans an die Worte von Lommel im Vorfeld der Partie: „Geschenkt wird uns nichts.“ Bis zum 12:11 in der 26. Minute gelang es Essen nun, immer wieder mit ein oder zwei Toren vorzulegen. Die Spannung war greifbar. Die Zwischenstände in den anderen Arenen? Im Augenblick egal, denn zunächst mussten die Gastgeber ihre Hausaufgaben erledigen.

Durch zwei Treffer von Jakub Sterba bis zur Pause die Führung zu übernommen

Das machte der TuSEM den Gastgeber schwer genug. Immerhin gelang es bis zur Pause, durch zwei Treffer von Jakub Sterba die Führung zu übernehmen. Mit einem leistungsgerechten 14:13 ging es in die Pause. Der Blick der Fans richtete sich wieder auf die Geräte: TuS Nettelstedt-Lübbecke führte 12:8 in Hagen, TSV Bayer Dormagen mit 18:15 in Nordhorn-Lingen, VfL Lübeck-Schwartau mit 15:7 gegen Coburg. Unwahrscheinlich in Summe, aber es gab ja noch Aufstiegskandidat Hüttenberg, der in Ludwigshafen mit einem Sieg in die Erstklassigkeit zurückkehren konnte. Hier lagen die Eulen in eigener Halle mit 13:12 vorn.

Torwart Felix Hertlein verbarrikadiert das ASV-Gehäuse

Für den ASV galt weiter die Devise: Die eigene Aufgabe muss gelöst werden. Den Rest hatte man nicht in der Hand. Die zweite Halbzeit begann umkämpft, die Gastgeber lagen leicht in Führung bis zum 18:15 durch Tom Jansen in der 43. Minute. Hinter der ohnehin starken Abwehr lief jetzt noch Torwart Felix Hertlein in seinem letzten Profispiel zu Höchstform aus. Mehr und mehr verbarrikadierte er das ASV-Gehäuse. Ian Hüter traf in der 46. Minute zum 20:16. Wieder eine Phase, in der viele Fans den Blick auf die Zwischenstände richteten. Und hier kamen wenig gute Nachrichten: Die drei führenden Konkurrenten bauten überraschend hoch ihren Vorsprung aus. Als letzte Hoffnung verblieben die Hüttenberger, hier war es weiterhin eng.

Ian Hüter bringt 30 Sekunden vor dem Ende 27:24-Heimsieg unter Dach und Fach

Das konnte man vom Spiel ASV gegen TuSEM nun nicht mehr sagen. Getragen von ihren Fans bauten die Hausherren in der Abwehr immensen Druck auf, vorne gelangen trotz einiger Unterzahlsituationen erfolgreiche Abschlüsse. Auch vom Aufholen der Gäste, die nach wie vor nicht aufgaben, ließen sich die ASVer nicht beirren. Allerdings bedurfte es nach längerer Durststrecke des Tores von Ian Hüter 30 Sekunden vor dem Ende zum 27:24, um endgültig den Heimsieg unter Dach und Fach zu bringen.

Bildzeile: Immer wieder ging der Blick der ASV-Spieler auf die ERgebnisse in den anderen Hallen.

Es läuft in Ludwigshafen nicht im Sinne der Westfalen

Längst starten viele der 2.500 Zuschauer gebannt auf den Zwischenstand in Ludwigshafen. Dank des eigenen Heimsiegs würde ein Unentschieden reichen – Minden zum überraschenden Aufstieg und dem ASV zum Klassenerhalt. Doch dort lief es nicht im Sinne der Westfalen: Hüttenberg verpasste bei 26:26 einen Siebenmeter, leistete sich dann noch einen Technischen Fehler. Statt Führung wieder Rückstand. Auch in der Schlussminute bot sich noch die Chance zum Ausgleich. Doch die blieb ungenutzt, die Eulen trafen zum 29:27 und sicherten sich damit in der Schlussphase des 34. Spieltages den Klassenverbleib und indirekt GWD Minden damit den Aufstieg in die 1. Liga zusammen mit Meister Bergischer HC.

Der Schlusspunkt unter den Abend setzten dann zwei Akteure im direkten Duell: Essens Dennis Szczesny traf drei Sekunden vor dem Schlusspfiff zum 25:27 gegen ASV-Torwart Felix Hertlein, sein drittes Tor an diesem Abend war dann auch sein letztes in der Profilaufbahn. Auch Hertlein hinterließ noch einmal mächtig Eindruck bei seinem finalen Auftritt: Seine 14 Paraden und eine großartige Quote von 37 Prozent gehaltenen Bällen half zwar gegen Essen, im Fernduell mit den anderen Abstiegskandidaten aber nicht. Essen rutschte durch die Niederlage sogar noch auf Rang 16 ab statt wie erhofft doch noch als Zehnter in den Pokalwettbewerb zu rutschen.

Bildzeile: Enttäuschte Gesichter bei den ASV-Spielern, als der Abstieg bekannt wurde.

Markus Fuchs verspricht: „Wir kommen wieder!“

Überraschend war dann das Ende dieses bitteren Abends: Viele der 2.500 Zuschauer verblieben in der Arena, sorgten dann für einen würdigen Abschied der scheidenden sieben Spieler und des Interims-Trainerduos Jörn-Uwe Lommel und Rob de Pijper. Statt negativer Äußerungen gab es viel Applaus für die Beteiligten, die sich trotz aller Enttäuschung für den großen Rückhalt in den zurückliegenden schwierigen Monaten bedankten. Neben Kapitän Fabian Huesmann tat dies auch Geschäftsführer Markus Fuchs, der den ASV-Fans gleich versprach: „Wir kommen wieder!“

ASV Hamm-Westfalen – TuSEM Essen 27:25 (14:13)

ASV: Hertlein (14 Paraden, 37 %), Colodeti – Huesmann, Jansen (3), Meyer-Siebert (4), Böttcher, Hüter (5), Drosten (4), Sterba (8), Jungemann, Haunold, Bornemann (1), Waschkowski, Stüber (2), Jacobs, Coßmann.
TuSEM: Wipf (4 P., 40 %), Plaue (6 P.,  23 %) – Wilhelm, Göttler (2), Hermling, Wolfram (2), Reimer (3), Eißing (5), Szczesny (3), Buschaus (2), Clarius, Szuharev, Neuhaus (2), Kostuj (5), Mast (1), Werschkull.
Schiedsrichter: L. und R. Müller
Zuschauer: 2.500 (ausverkauft)
Strafen: ASV 12 min, TuSEM 12 Min.

Bildzeile: Wurden von den Fans nach dem Spiel verabschiedet (von links) Nicolas Körber (zu Interaktiv Ratingen), Mark Artmeier, Anton Preußner (HC Elbflorenz Dresden), Florian Drosten (zurück nach Melsungen), Felix Hertlein (Karriereende), Marc Andre Haunold (HC Alpla Hard) und Philip Jungemann (VfL Eintracht Hagen) / Fotos Wegener.