Gerd Kolbe mit Fairness-Appell beim HSC-Adventsfenster – Silvesterwanderung steht an




Fußball: Über 130 Gäste kamen am Dienstagabend zum Adventsfenster des Holzwickeder SC ins Ballhaus im Montanhydraulik-Stadion. Die traditionelle wahre Weihnachtsgeschichte des ehemaligen Stadtsprechers von Dortmund und des BVB, Gerd Kolbe, handelte vom ersten BVB-Nationalspieler und Namensgeber der heutigen Geschäftsstelle des BVB, August Lenz. Dabei ging es um Fairness im Sport und die große Frage: „Welchen Wert hat ein Sieg, der nicht mit fairen Mitteln errungen wurde?“ Mit freundlicher Erlaubnis von Gerd Kolbe drucken wir die Geschichte bei sku ab.
Bildzeile: Gerd Kolbe (links) trug beim HSC-Adventsfenster eine wahre Weihnachtsgeschichte vor, in deren Mittelpunkt der erste BVB-Nationalspieler, August Lenz, stand. HSC-Chef Karl-Friedrich Lösbrock freute sich über die große Resonanz auf die Veranstaltung.
Silvesterwanderung am Dienstag, 31. Dezember
Gleichzeitig weist der HSC auf seine Silvesterwanderung am Dienstag, 31. Dezember, 10 Uhr ab Montanhydraulik-Stadion hin. Über 40 Anmeldungen liegen bereits vor. Weitere Interessenten melden sich bitte unter info@hsc-holzwickede.de#
Weihnachtsgeschichte 2025
Das Gewissen namens Colonel James
  
Als August Lenz, der legendäre erste Nationalspieler des BVB, am 29. November 1980 sein 70. Lebensjahr vollendete, ließ ihn sein Verein im Restaurant „Zum Borsigplatz“ gebührend „hochleben.“ Präsident Dr. Reinhard Rauball führte die prominente Delegation mit vielen großen Namen aus der schwarz-gelben Geschichte persönlich an.
Und wie das so ist bei solchen Anlässen, plauderte man nach der offiziellen Gratulationscour insbesondere über das Leben des Jubilars und über dessen fußballerische Laufbahn.
In diesem Zusammenhang gab es dann auch die obligatorische Frage, an welches sportliche Ereignis der August denn besonders gern zurückdenken würde.
Jeder hatte so seine eigene Vorstellung von der zu erwartenden Antwort.
Würde er an seine Jugendzeit erinnern, als er beim BVB im Tor stand? Oder von seinem ersten Länderspiel 1935 berichten, das er gegen Belgien bestritt und dabei zwei sensationelle Tore zum 6:2-Erfolg Deutschlands beitrug? Oder vielleicht von seinem denkwürdigen Olympia-Abenteuer 1936? Oder von der ersten Westfalenmeisterschaft, die seine Borussia 1947 in Herne gegen den ewigen Rivalen aus Schalke gewann?
Weit gefehlt! August Lenz erzählte seinen Gratulanten eine gänzlich andere Geschichte aus dem Jahr 1946:
„Nach dem furchtbaren 2. Weltkrieg, den ich als Soldat der Wehrmacht mit viel Glück überlebt hatte, geriet ich in britische Gefangenschaft.
Zu meinem Glück durften wir im Gefangenencamp in England in unserer Freizeit auch Fußball spielen.
Die „Tommys“ haben uns wahrscheinlich ganz bewusst kicken lassen, damit wir nicht auf dumme Gedanken kamen.
Der Chef unserer Sport-Kompanie hieß James Stewart. Colonel James Stewart. Genauso wie der berühmte Film-Schauspieler.
Colonel James sprach sehr gut Deutsch, war Fußball-Fan, wusste, dass ich deutscher Nationalspieler war, mochte mich und hat mir das Leben im Lager so gut es ging erleichtert. Als feststand, dass ich Ende Juni 1946 entlassen werden würde, durfte ich vor meiner Rückkehr nach Dortmund sogar im Sportcenter mehrere Wochen ein spezielles Vorbereitungs-Training absolvieren.
Mein Colonel war ein feiner Mann.
Das zeigt sich gut an einem Erlebnis, an das ich mich immer noch gern erinnere: In einer Partie gegen ein anderes Lager spielte einer meiner Mitspieler sehr, sehr lange auf Zeit, um unseren knappen Vorsprung über die 90 Minuten zu bringen.
Das klappte zwar, Colonel James war aber keineswegs erfreut, rief uns am folgenden Tag zusammen und hielt einen längeren Vortrag über faires Verhalten in einem Fußballspiel.
Dazu gehöre in erster Linie der Respekt vor jedem unserer Gegenspieler. Dann selbstverständlich eine sportlich einwandfreie Haltung dem Gegner und auch dem Schiedsrichter gegenüber, dessen Entscheidungen man ohne Wenn und Aber zu akzeptieren habe. Auch das gestrige Zeitspiel sei völlig inakzeptabel gewesen, hätten wir doch damit versucht, uns ungerechtfertigt einen Vorteil zu verschaffen. Seine Ausführungen schlossen mit der Frage, die er auch gleich selber beantwortete: „Welchen Wert hat ein Sieg, wenn er nicht fair errungen wurde? – Keinen.“
Zum Abschied hat mir mein Colonel ein Foto mit persönlicher Widmung geschenkt. Ich besitze es heute noch.
Nach meiner Heimkehr konnte ich – gut in England vorbereitet – bald wieder in unserer 1. Mannschaft auflaufen.
Am 1. Dezember 1946 – dem ersten Adventssonntag – fand unser Meisterschaftsspiel gegen Preußen Münster statt. Wir führten mit 3:2, als die Münsteraner den Ausgleich erzielten. Ein einwandfreier Treffer. Ich befand mich in unmittelbarer Nähe und konnte alles gut beobachten. Zu meinem Erstaunen gab der Schiedsrichter das Tor nicht. Zunächst grinste ich mir einen und wandte mich ab. Doch dann stand urplötzlich das Bild von Colonel James vor meinem geistigen Auge, der mich strafend ansah und den bekannten Satz sagte:“ Welchen Wert hat ein Sieg, wenn er nicht fair errungen wurde? – Keinen!“
Mein Gewissen meldete sich, und ich schämte mich ein wenig. Dann ging ich zum Schiri und sagte ihm, dass der Treffer regelgerecht erzielt worden sei. Er schaute mich erstaunt an, korrigierte aber sofort seine Entscheidung und gab das Tor.  Die Münsteraner haben mir überschwänglich gedankt und mich wie einen Helden gefeiert. Tage später schickten sie mir sogar eine Weihnachtskarte mit nochmaligem Dank.
Im Endeffekt haben wir dann doch noch mit 4:3 gewonnen.
In der Presse wurde ich als Vorbild an Fairness gewürdigt.
Dabei hatte ich doch nur auf mein Gewissen, also auf Colonel James gehört und etwas eigentlich ganz Selbstverständliches getan.
Auch ich habe damals einen Weihnachtsbrief geschrieben. An Colonel James nämlich. Darin habe ich ihm die Geschichte unseres Spiels gegen Preußen Münster erzählt und ihm mitgeteilt, dass seine Botschaft von sportlicher Haltung und Fairness bis ins ferne Westfalen gedrungen sei und in der Adventszeit in Dortmund und in Münster ein kleines Licht der Hoffnung angezündet und ein wenig vorweihnachtliche Wärme in die Herzen getragen habe.
August Lenz schmunzelte bei seinen letzten Worten und beendete seine kleine Ansprache. Zufrieden musterte er seine Geburtstagsgäste und wirkte mit sich absolut im Reinen.
In diesem Sinne ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes, gesundes und erfolgreiches Jahr 2026!
Bildzeile: Weit über 100 Gäste begrüßte der Holzwickeder SC am Dienstag beim traditionellen Adventsfenster.