Fußball-Oberliga: Holzwickeder SC – TuS Ennepetal 3:2 (1:1). „Ohne Zwölf“ – und doch lebt der HSC. Und wie. Wer die insgesamt 100 Minuten inklusive Nachspielzeit (!) im Holzwickeder Montanhydraulik-Stadion bei bestem Spätsommerwetter verpasst hatte, der mag sich zurecht ärgern. In der 93. Minute erzielte der eingewechselte Jona Deifuß nach Freistoß von Sebastian Hahne und einem „Kullerball“ den Siegtreffer zum 3 : 2 gegen den bisherigen Liga-Primus. Es war aus Sicht des HSC das Sahnehäubchen eines Spiels, das nach dem Match ein Nachspiel in einer denkwürdigen Pressekonferenz fand.
Nach dem Ausfall von Nico Berghorst (Innenbandteilabriss) und der Roten Karte von Robin Rosowski aus dem Spiel gegen Rheine und einer dreiwöchigen Sperre standen zwölf Spieler auf der Ausfallliste. „Aber wir sind ein Team, wir müssen zwar immer „basteln“, aber wir bekommen das noch irgendwie hin“, sagte HSC-Coach Axel Schmeing vor – und nach dem Spiel. Es begann eher mäßig: Bereits nach acht Minuten „klingelte“ es im Kasten des HSC. Doch Sevag Kherloplan stand im Abseits, wie der insgesamt gute Referee Lasse Lütke-Kappenberg sofort erkannte.
Elfmeter für den HSC
In der 22. Minute zeigte Lasse Lütke-Kappenberg dann auf den Punkt – zurecht. Stefan Siepmann stoppte Mirco Gohr regelwidrig im Strafraum. Marcel „Cello“ Reichwein schnappte sich das Leder und verlud Ennepetals Keeper Marvin Weusthoff zur 1 : 0-Führung. Weiter ging die wilde Fahrt: Marcel Reichwein ballerte an den Pfosten (24.). „Der Pfosten ist wohl kaputt“, meinte Reichwein nach dem Spiel schmunzelnd. In der 34. Minute visierte Sevag Kherlopian ebenfalls den Pfosten an – Glück für den HSC. In der 36. Minute war es dann doch soweit: Christian Hausmann verwandelte eiskalt einen Querpass zum nicht unverdienten 1 : 1-Ausgleich. Muhammed Acil hätte beim Querpass etwas energischer dazwischen gehen können – tat er aber nicht. Und so ging es mit einem 1 : 1 in die Kabine – das Ergebnis ging nach 45 Minuten ok.
Nach der Pause war es erneut der HSC, der den nächsten Punkt setzte. Ennepetals Keeper Marvin Weusthoff konnte einen Pass nur mittig auf Mirco Gohr abwehren, der sagte artig mit dem 2 : 1 „danke“ (51.). Florian Gerding schoss (55.), Muhammed Acil konnte erneut den Ball nur abprallen lassen, ohne Folgen. Abdulah El Youbari, nach vielen „Rasen-Pausen-Einlagen“ bei den HSC-Fans nicht gerade beliebt, ging ohne nennenswerte Gegenwehr durch die HSC-Abwehr und erzielte das 2 : 2 (62.). Der gerade vor einer Minute eingewechselte Jona Deifuß visierte dann in der 77. Minute den Pfosten an.
Unordnung führte zum Siegtreffer
Und dann kam sie, die kuriose Schlussphase. Beide Teams wollten den Sieg. Doch in der 93. Minute hatte der HSC das bessere Ende für sich. Oluremi Martins Williams war für Christian Hausmann eingewechselt worden. Es herrschte noch ein wenig Unordnung, als Sebastian Hahne einen Freistoß auf Jona Deifuß schlug. Der traf den Ball gar nicht mal so richtig, doch das Leder kugelte wie in Zeitlupe über die Linie zum 3 : 2-Siegtreffer für den HSC. Der Rest war, aus Sicht des HSC, nur noch Jubel.
Pressekonferenz der „Fußball-Philosophen“
Drei weitere Punkte, der erste Heimsieg, Platz elf nach dem siebten Spieltag, der HSC jubelte euphorisch. Wer aber gedacht hätte, das war es, der sah sich nach einer mehr als denkwürdigen Pressekonferenz nach dem Match eines Besseren belehrt. Ex-Profi Alexander Thamm, Übungsleiter des TuS Ennepetal, philosophierte da über eine Situation, die ihn wohl mehr als erregt hatte. Ein Ball kam da, nach seinen Vorstellungen, nicht schnell genug zu seinen Mannen zurück. Klar, es stand 3 : 2 für den HSC, doch Thamm war spürbar angefressen und holte zur großen Fußball-Weltbetrachtung unter besonderer Berücksichtigung der Oberliga aus. „Der Fair Play-Gedanke geht mehr und mehr verloren. Wir wollen nicht um jeden Preis gewinnen. Uns ist es egal, ob wir im nächsten Jahr in der Oberliga-, der Westfalenliga oder Regionalliga spielen. Wir treffen uns dreimal in der Woche zum Training. Einmal dann zum Spiel. Wir haben Spaß.“
Was wiederum Axel Schmeing, ebenso wie Fans des HSC wie Winfried Kirchhoff, der sich bei der Pressekonferenz zu Wort gemeldet hatte, so nicht stehen lassen wollten. „Unsportlichkeit“, nein, das sei es gewiss nicht gewesen. Was beim Betrachter und Zuhörer blieb, waren die Eindrücke eines spannenden und guten Oberliga-Spiels – und Seitentöne, die nicht sein mussten, die aber zeigten, wie emotional Fußball sein kann und was diesen Spot so attraktiv wie sehens- und hörenswert macht.
Trainerstimmen
Axel Schmeing (HSC): Es war ein tolles Spiel. Ennepetal war ein starker Gegner. Es war, nach hinten raus, allerdings auch ein glücklicher Sieg. Angesichts unseres unglaublichen Verletzungspechs war das großartig von meinem Team.
Alexander Thamm (Ennepetal): Es war ein geiles Spiel. Es hat für die Besucher Spaß gemacht, zuzugucken. Es ging hin und her, wobei wir ein kleines, optisches Übergewicht hatten. Manchmal habe ich das Gefühl, Fußball geht um Leben und Tod. Fußball ist ein Spiel. Der Fair Play-Gedanken geht mehr und mehr verloren. Ich persönlich entferne mich mehr und mehr vom Amateurfußball, vor allem, was ich Woche für Woche erlebe. Fußball ist doch letzten Endes ein Spiel. Gewinnen ja – aber nicht um jeden Preis. Wir wollen nicht um jeden Preis gewinnen. Uns ist es egal, ob wir im nächsten Jahr in der Oberliga-, der Westfalenliga oder Regionalliga spielen. Wir treffen uns dreimal in der Woche zum Training. Einmal dann zum Spiel. Wir haben Spaß.“
HSC: Muhammed Acil, Moritz Müller, Marcel Reichwein (77. Jona Deifuß), Tomislav Ivancic, Sebastian Hahne, Nils Hoppe (86. Lamar Lambertz), Jonas Janetzki, Mohamed Yarhdi (54. René Richter), Aldin Kljalic Mirco Gohr, Lennart Uedickoven.
TuS Ennepetal: Marvin Weusthoff, Stefan Siepmann, Florian Gerding (72. Nils Nettersheim), Alessio Lepore (53. Ibrahim Lahchaychi), Christian Hausmann (90+1 Oluremi Martins Williams), Abdulah El Youbari, Deniz Yasar, Evag Kherlopian, Robin Gallus, Maik Bolmann, Dennis Drepper (83. Wilfried Sarr).
Tore: 1 : 0 Reichwein (22, FE), 1 : 1 Hausmann (36.), 2 : 1 Gohr (51.), 2 : 2 El Youbari (62.), 3 : 2 Deifuß (90+3).
Schiedsrichter: Lasse Lütke-Kappenberg (GW Amelsbüren)
Zuschauer: 150
HSC-Bestnoten: Jona Deifuß, Mohamed Yardhi.
Bild: “Dicke Luft” im Holzwickeder 16Meter – hier kann Holzwickedes Marcel Reichwein per Kopf klären.